In der Monatsversammlung in Februar hielt unser Zuchtwart Jürgen Weichold einen Vortrag über Tendenzen in der Rassetaubenzucht. Er ging hierbei anhand von Folien vor allem auf Änderungen und Weiterentwicklungen einzelner Rassen ein.
Zu Beginn seines Vortrages gab er einen Rückblick auf das Vereinsgeschehen im letzten Jahrhundert. Die einzelnen Vereine waren damals deutlich mitgliedsstärker und auch die Versammlungen waren deutlich besser besucht. Die Vereine und Versammlungen dienten damals vor allem als Informationsaustausch und waren oft die einzigen sozialen Kontakte, das Fernsehen war damals noch nicht flächendeckend verbreitet und an das Internet war noch nicht zu denken. So waren Gaststätte damals auch noch besser besucht.
Zuchtfreund Weichold berichtete, dass die Zucht von Rassegeflügel und Tauben damals vor allem wirtschaftlichen Aspekten diente. In Zeiten von Futterknappheit standen eine gute Verwertung der Futtermittel, Frohwüchsigkeit und Zuverlässigkeit in der Brut und Aufzucht im Vordergrund. Eine besonders gern gesehen Eigenschaft der Tauben war vor allem das „Feldern“. So konnte zusätzlich Futter eingespart werden, dies erforderte jedoch eine gewisse Flugfähig- und -freudigkeit der Tauben.
Heutzutage steht mit den zahlreichen Futtermittelherstellern dem Züchter eine breite Palette an verschiedensten Produkten zur Verfügung, durch örtliche Satzungen und Beschränkungen sowie dem Anstieg des Greifvogelbestandes ist es vielen Züchtern nicht mehr möglich ihre Tauben im Freiflug zu halten. Die Eigenschaft des Feldern kann daher meist vernachlässigt werden. Der Schwerpunkt liegt heutzutage auf anderen Eigenschaften. Ob dies immer den einzelnen Rassen dienlich ist bleibt fraglich. Zuchtfreund Weichold berichtete, dass früher auf nahezu jedem zweiten Hof Strasser oder Luchstauben gehalten wurden. Die Tauben waren damals noch flugfähig, brutfreudig und felderten stark. Auf Ortsschauen konnten nicht selten Meldezahlen von über 100 Tieren dieser Rassen erreicht werden. Heutzutage haben vor allem die Strasser deutlich an Größe und Gewicht zugenommen, dies hat jedoch negative Auswirkung auf die Nachzucht. Die Folge davon wiederum sind geringere Ausstellungszahlen. Anhand von der Gegenüberstellung von Folien des „alten“ und „neuen“ Strassertypes konnte man die doch deutlichen Unterschiede sehen.
Auch die Weiterentwicklung der Pfautaube mahnte Jürgen Weichold als bedenklich an. Die heute geforderte veränderte Beinstellung der Tauben wirkte sich ebenfalls nicht positiv auf Befruchtung und Bruterfolge aus. Auch bei Kropftauben sind derartige Tendenzen erkennbar. So wird z.B. bei den Elsterkröpfern heutzutage ein deutlich höhere Stand gefordert als früher. Dies hat zur Folge, dass häufig Ammen eingesetzt werden müssen um Junge nachzuziehen.
Jürgen Weichold berichtete, dass dieser Trend jedoch nicht bei allen Rassen zu beobachten ist, so hat sich der Typ der Perückentauben und auch von vielen Farbentauben kaum verändert. Teilweise ist auch schon wieder ein Umdenken zu erkennen, was den Erfolg der noch jungen Rasse der Altorientalischen Mövchen zeigt. Diese sollen wieder einen längeren Schnabel als die Orientalischen Mövchen haben und können ihre Nachzucht wieder selbst und ohne Ammen aufziehen.